Panikattacken

Herr L. 35 Jahre alt. Eines Abends, beim Fernsehen, beginnt bei ihm plötzlich und ohne Vorwarnung sein Herz zu rasen, er springt auf, rennt hin und her, weiß nicht was los ist, bekommt weiche Knie, fürchtet, in Ohnmacht zu fallen, er bekommt panische Angst vor einem Herzinfarkt. Seine Frau ruft schließlich den Notarzt. Als dieser kommt, geht es ihm etwas besser, er bekommt eine beruhigende Spritze, der Arzt empfiehlt ihm, sich durch untersuchen zu lassen.

Die internistische Untersuchung ergibt keinen organischen Befund. Es ist alles in Ordnung. Herr L. ist erleichtert, versucht, nicht mehr an dieses Ereignis zu denken. Eine Woche später passiert das Gleiche noch einmal. Diesmal fährt Herr L. ins Krankenhaus und wird dort aufgenommen.

Er wird einige Tage gründlichst untersucht – ohne Befund. Organisch ist alles in Ordnung. Er ist nun verzweifelt, weil die beruhigenden Worte, „sie sind gesund“, nicht zu seiner Angst passen. Es wird ihm geraten, beruhigende Medikamente zu nehmen.
Herr L. wird Dauergast beim praktischen Arzt, denn mittlerweile treten diese unangenehmen Zustände auch auf der Fahrt ins Büro auf, beim Essen im Lokal, auf der Straße, er ist nirgends mehr sicher. Er kann einfach nicht glauben, daß er eigentlich organisch gesund ist und drängt darauf, daß irgendetwas gefunden werden muß, das ihm helfen kann. Die Beruhigungsmittel helfen nur bedingt, eigentlich immer weniger.
Herr L. geht in Krankenstand, er vermeidet öffentliche Verkehrsmittel, geht in keine Lokale mehr, er traut sich nicht mehr alleine auf die Straße, auch zu Hause muß immer jemand bei ihm sein. Er vermeidet jegliche Anstrengung, trinkt keinen Kaffee mehr. Dauernd horcht er auf seinen Herzschlag, beobachtet seine Befindlichkeit.

Dies ist ein sehr typisches Beispiel, das den Teufelskreis der Angst gut schildert.

Angststörungen sind sehr häufig vorkommende psychische Störungen. Sie äußern sich in scheinbar völlig grundlos auftretenden körperlichen Zuständen wie Herzrasen, Zittern, Atemnot, Schweißausbrüchen, Schwindelgefühl. Sie vermitteln ein Gefühl völliger Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins und sind vielfach begleitet von der Angst, sterben zu müssen, gefährlich krank zu sein oder verrückt zu werden.

Angstattacken sind unberechenbar, „sie fallen einen an „, meist dann, wenn man sich in Ruhe hinsetzen möchte, also kein „erklärbarer Grund“ vorhanden ist.
Die erste menschlich nachvollziehbare Reaktion ist, die Situationen, in denen die Attacken aufgetreten sind zu vermeiden. Nach und nach entwickelt sich eine Angst vor der Angst, die Angstanfälle „suchen sich andere Situationen aus“, letztlich wird die Lebensqualität so eingeschränkt, daß man kaum noch Freude an etwas empfinden kann.

Wie entsteht dieser Teufelskreis?

Eigentlich sind die als so bedrohlich wahrgenommenen Beschwerden ein physiologisch betrachtet normales Geschehen.
Angst ist biologisch notwendig und wichtig – sie schützt vor Gefahr. Auch die körperliche Reaktion ist wichtig: es wird das Hormon Adrenalin ausgeschüttet, um den Körper fit zu machen für Flucht oder Angriff. Das Herz schlägt schneller, die Atmung wird flacher, das ist uns völlig klar, wenn wir tatsächlich davonlaufen. In Panik geraten wir aber über diese Körperreaktion, wenn sie gerade dann auftritt, wenn wir zum Beispiel ruhig in einem Sessel sitzen.
Sie wird ausgelöst durch innere, uns meist nicht bewußte Prozesse.

Der Körper unterscheidet nicht zwischen realen und vorgestellten Gefahren. In der Folge entsteht eine Eigendynamik, das heißt, man beginnt ängstlich jede Regung des Körpers zu beobachten, dadurch steigt die Angst, die Beschwerden treten umso eher auf.

Es gibt Ursachen und Auslöser

Erfahrungsgemäß haben diese Störungen immer mit massiven Trennungsängsten und Verlustängsten zu tun, die meist in der Entwicklungsgeschichte des Einzelnen begründet sind und durch belastende Lebensumstände aktualisiert werden. Äußere Auslöser wie z.B.: Tod eines Angehörigen, Schockerlebnisse, Trennungen, traumatische sexuelle Erfahrungen, Konflikte in Ehe oder Beruf, chronische Überbelastung, Lebenskrisen, Arbeitsplatzverlust, Pensionierung.

Es kann grundsätzlich jeden treffen, nicht nur besonders ängstliche Menschen.

Panik und Angstzustände haben gute Behandlungsaussichten

Ausschließlich Beruhigungsmittel zu nehmen reicht nicht aus. Oft ist anfangs eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten hilfreich. Die psychotherapeutische Behandlung ist dazu da, Ursachen zu entdecken und nach und nach die Medikamente wieder weglassen zu können.